Blick hinter die Kulissen: Im Gespräch mit Mathias Stumpf
Zum Jubiläum des ADAC Fahrsicherheitszentrums Rhein-Main haben wir Mathias Stumpf, den Leiter des Fahrsicherheitszentrums, interviewt. Seit vielen Jahren lebt und liebt er seine Arbeit hier. Gewinnen Sie Einblicke in den Alltag und die Geschichte eines Kollegen und erfahren Sie mehr über das Fahrsicherheitszentrum in Hessen.
Hallo Mathias
Frage: Stell dich gerne einmal kurz vor.
Mathias: Ich bin Mathias Stumpf, Dipl. Staats- und Sozialwissenschaftler, Hauptmann a.D. der Panzertruppe, bin verheiratet und habe zwei Töchter und einen Enkelsohn. Ich tanze gerne und lese viel. Jahrgang 1965, also nächstes Jahr rund.
Frage: Was sind deine Aufgaben?
Mathias: Ich leite das Privatkundengeschäft in Hessen, insbesondere das Fahrsicherheitszentrum (FSZ) Rhein-Main und das Off-Road-Zentrum (ORZ) in Bauschheim. Dazu gehören die Pflege von Partnerschaften, wie mit Honda Motor Europe North, und Kontakte zu politischen Akteuren und Gemeinden. Ich bin verantwortlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Betrieb und Privatkunden, betreue die Trainingsliegenschaften - neben dem FSZ und ORZ die Plätze in Frankfurt, Malsfeld, Fulda, Wetzlar und Erlensee und plane die Belegung für alle Trainingsplätze in Hessen. Hier müssen jährlich ca. 1.500 Trainings angelegt werden, abgestimmt auf Saison, Ferien und Nachfrage. Außerdem begleite ich komplexere Anfragen und trage eine wirtschaftliche Mitverantwortung für das Fahrsicherheitstraining in Hessen.
Frage: Seit wann bist du beim ADAC Fahrsicherheitszentrum Rhein-Main?
Mathias: Am 1. September war ich genau 27 Jahre beim ADAC Hessen-Thüringen. Angefangen habe ich in der „Verkehrsabteilung“ und war mitverantwortlich für die Einführung des Fahrsicherheitstrainings als eigenen Bereich. 2004 wurden wir der Bereich „Fahrsicherheitstraining“ und zogen kurz darauf mit dem Team von unserer Regionalclub-Zentrale in Frankfurt in das neueröffnete Fahrsicherheitszentrum Rhein-Main.
Frage: Wie viele Mitarbeitende hat das Fahrsicherheitszentrum Rhein-Main?
Mathias: Wir sind 29 Mitarbeitende in Gründau, inklusive der festangestellten Trainer, und 4 Mitarbeitende in Malsfeld. Das Team besteht aus Leitung, Vertrieb, Betrieb, Empfang, Platzwarten und Mini-Jobbern. Über 75 freiberufliche Trainer sind verantwortlich für die Durchführung der Trainings in ganz Hessen.
Frage: Wie groß ist das Gelände?
Mathias: Mit ca. 90.000 qm ist unser Zentrum eines der größten in Europa und umfasst 9 Module, 4 Hydraulikplatten und 5 Gleitflächen. Auf dem Gelände befindet sich auch das 1.670 qm große Event- und Konferenzcenter.
Frage: Wie viele verschiedene Trainings bietet ihr hier an?
Mathias: Wir bieten etwa 30 verschiedene Trainings an, einschließlich spezieller Firmentrainings, z. B. für Winterdienste, Polizei und Feuerwehr. Im Privatsegment haben wir 23 Kursvariationen für Pkw, Motorrad, Wohnmobile, Wohnwagen und Anhänger. Wir orientieren uns an aktuellen Anforderungen und entwickeln bei Bedarf neue Trainingsformen.
Frage: Wie hat sich das Fahrsicherheitszentrum in den Jahren verändert?
Mathias: Nach anfänglichen baulichen Veränderungen, wie der Asphaltierung der Autocross-Strecke, hat sich das Fahrsicherheitszentrum vor allem personell und organisatorisch weiterentwickelt. Der Firmenvertrieb wurde etabliert und das Betriebspersonal aufgestockt. Um alles in gutem Zustand zu halten, wird jährlich eine große Wartung durchgeführt, es werden die
Gleitflächen erneuert und die unterirdisch verbaute Technik gewartet. Im Event- und Konferenzcenter wurde vor einigen Jahren eine Klimaanlage installiert und die Präsentationstechnik regelmäßig erneuert. Trainingsbuchungen laufen heute überwiegend online, die Kommunikation mit den Teilnehmenden ist rein elektronisch und Trainer- und Ressourcenplanung funktioniert teilautomatisiert. Derzeit arbeiten wir am digitalen Check-in für unsere Teilnehmenden. So bleiben wir mit laufenden kleineren Veränderungen immer up to date.
Frage: Was sind die Top 3 Gründe für ein Fahrsicherheitstraining beim ADAC?
Mathias: Der ADAC ist führend im Bereich der Fahrsicherheitstrainings, besonders hervorzuheben sind:
- Einzigartigen Locations mit technisch aufwändiger Ausstattung und guter Erreichbarkeit in ganz
Deutschland. - Hohe Expertise und Professionalität aller Mitarbeitenden, von Dispo über Empfang bis zur Trainerschaft.
- Enge Vernetzung mit anderen ADAC Bereichen und Nutzung der Fachexpertise vor allem im Bereich Verkehr und Sicherheit.
Frage: Welches ist das beliebteste Training?
Mathias: Die beliebtesten Trainings sind das Pkw- und Motorrad-Intensiv-Training sowie das Pkw-Training Young-Drivers only für Fahranfänger bis 25 Jahre.
Frage: Was erlebt man bei einem Fahrsicherheitstraining durch den ADAC?
Mathias: Man erlebt sein Fahrzeug in Grenzbereichen unter sicheren Bedingungen. Der Fokus liegt auf richtigem Bremsen, Ausweichen, dem Abfangen eines ausbrechenden Fahrzeugs und der richtigen Sitzposition und Blickführung. Viele Teilnehmende sind überrascht, wie schnell das Fahrzeug, egal ob Pkw oder Motorrad, an die Grenzen kommt, was z. B. ein paar km/h in Kurven für einen Unterschied machen und wie sich eine richtige Vollbremsung anfühlt. Die Teilnehmenden erleben aber auch, dass man durch richtiges Reagieren selbst den Unterschied machen kann und wie schnell geübte Reaktionen fast automatisiert ablaufen.
Und ganz wichtig: Man erlebt jede Menge Spaß beim Fahren und in der Gruppe und tolle Trainerinnen und Trainer, die es verstehen, Tipps und Trick interessant und mit viel Praxisbezug zu vermitteln.
Frage: Glaubst du, dass manche Fahrtechniken häufig unterschätzt werden?
Mathias: Ich würde sagen, weniger die Fahrtechniken, aber ganz klar alltägliche Verkehrssituationen werden unterschätzt. Insbesondere unangepasste Geschwindigkeit, die sich immer nach Fahrbahnbelag, Witterung, Straßenführung und Verkehrsaufkommen richten sollte. Und zu geringer Abstand zum Fahrzeug vor einem.
Frage: Wie kann ein Fahrsicherheitstraining hierbei unterstützen?
Mathias: Im Training sensibilisieren wir nicht nur theoretisch für Gefahrensituationen, sondern die Teilnehmenden erleben selbst, was z. B. ein richtig ausgeführter Bremsschlag oder richtiges Lenken bewirken können. Aber eben auch, dass keine noch so gute Fahrtechnik und kein Assistenzsystem helfen können, wenn man den Grenzbereich des Fahrzeugs überschreitet. Diesen Grenzbereich zu erleben ist wichtiger Teil unserer Trainings, z. B. beim Kurvenfahren auf nasser Straße oder bei der Schräglage mit dem Motorrad. Es geht um das frühzeitige Erkennen, Entschärfen und Vermeiden von Gefahren.
Frage: Welches besondere Erlebnis hattest du? Gibt es eine Anekdote?
Mathias: Da gibt es in 27 Jahren eine Menge. Ein Highlight war sicher, als ich einen Wasserstoff-SUV-Prototypen im Wert von über 1 Mio Dollar fahren durfte. Zum Glück kannte ich den Wert vorher nicht. Auch an die Betreuung einer koreanischen Reisegruppe inklusive der obligatorischen Fotosession erinnere ich mich gut. Vorständen eines japanischen Herstellers zeigte ich nicht nur unser Fahrsicherheitszentrum, sondern auch die Frankfurter Geselligkeit in Sachsenhausen. Besonders viel gelacht wurde beim Besuch der Chefs des australischen Automobilclubs, eine super lockere und nette Truppe. Beim Spritspar-Training mit dem späteren Formel 1 Weltmeister Janson Button waren vor allem die Damen im Team beeindruckt. Weniger fröhlich aber jedes Mal emotional ergreifend ist das jährliche Apfelfest auf unserer Streuobstwiese, das die Kinderhospizdienste Hanau und Frankfurt organisieren. Die Freude der Kinder beim Apfelpflücken und Saftpressen lässt für ein paar Stunden die Sorgen vergessen.
Frage: Was reizt dich besonders, jeden Tag hierher zu kommen?
Mathias: Kein Tag ist wie der andere, es wird nie langweilig. Das Team fühlt sich wie eine Familie an und man nimmt Anteil an den schönen und traurigen Momenten der Kolleginnen und Kollegen. Gute wie weniger gute Phasen werden gemeinsam erlebt, egal ob Großveranstaltungen oder der Corona-Lockdown. Außerdem schätze ich die gute Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen wie Liegenschaften, Rechnungswesen oder Marketing. Viele Kolleginnen und Kollegen kennt man seit Jahrzehnten und tauscht sich auch über Privates aus.
Ich fühle mich mit dem Zentrum eng verbunden und bin stolz darauf, von Beginn an dabei zu sein.
Frage: Was plant ihr für die nächsten 20 Jahre?
Mathias: Personelle Wechsel stehen in den nächsten Jahren bevor, ich selbst freue mich als Vater und Opa auf meinen „Unruhestand“. Nachhaltigkeit wird ein großes Thema sein, wie die Umrüstung von Wasser- zu Drucklufthindernissen, die Umstellung auf LED-Beleuchtung und noch mehr digitale Prozesse. Autonomes Fahren und veränderte Mobilität werden ebenfalls Einfluss auf unsere Angebote haben. Das im Blick zu behalten und sich immer mitzuentwickeln, wird eine der vorrangingen Aufgaben der nächsten Jahre sein.
Frage: Deine Gratulationswünsche an das Fahrsicherheitszentrum
Mathias: Ich wünsche dem Zentrum, dass uns nie die netten Kunden, motivierten Mitarbeitenden und der Teamspirit ausgehen. Wenn alle im selben Boot sitzen und in die gleiche Richtung rudern, sehe ich positiv in die Zukunft.