Auf einsamen Landstraßen, im belebten Stadtverkehr oder auf der Autobahn: Unfälle können überall und jederzeit passieren! Sollten Sie als Ersthelfer an einer Unfallstelle ankommen, ist Ihre Unterstützung trotz möglicher Ängste absolut notwendig. Wir nehmen Ihnen in diesem Beitrag mögliche Bedenken und erklären, wie Sie nach einem Unfall bestmöglich Erste Hilfe leisten – und so zum Lebensretter werden können.
Sichern Sie sich selbst ab – und dann erst die Unfallstelle
Das wichtigste vorneweg: Als Ersthelfer können Sie nichts falsch machen – außer, Sie machen gar nichts! Nicht nur die Moral gebietet in einer solchen Situation ein Handeln, ausgelassene Hilfeleistung kann auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ausreden zählen also nicht!
Kommen Sie an einer ungesicherten Unfallstelle an, verschaffen Sie sich zu Beginn einen schnellen Überblick über die Situation. Sichern Sie die Unfallstelle ab, um Folgeunfällen vorzubeugen. Bringen Sie sich dabei jedoch auf keinen Fall selbst in Gefahr! Stellen Sie Ihr Fahrzeug in etwa zehn Metern Entfernung ab und schalten Sie den Warnblinker ein. Ziehen Sie eine Warnweste an, holen Sie dann das Warndreieck aus Ihrem Fahrzeug und stellen Sie es in ausreichender Entfernung zur Unfallstelle am Fahrbahnrand auf. Folgende Abstände sind empfohlen:
- Im Stadtverkehr: 50 Meter
- Auf Landstraßen: 100 Meter
- Auf Autobahnen: 150–400 Meter
Beim Aufstellen des Warndreiecks sollten Sie möglichst nicht auf der Straße laufen, um von anderen Autofahrern nicht angefahren zu werden. Gerade auf der Autobahn ist es ratsam, sich stets hinter der Leitplanke aufzuhalten.
Den Notruf wählen
Ist die Unfallstelle vor dem fließenden Verkehr abgesichert, wählen Sie die Notrufnummer 112. Sollten Sie kein Handy dabeihaben, stehen auf Autobahnen und Schnellstraßen orangefarbene Notrufsäulen zur Verfügung. Diese sind in Abständen von etwa zwei Kilometern aufgestellt, kleine schwarze Pfeile auf den Leitpfosten am Fahrbahnrand weisen Ihnen den Weg zur nächstgelegenen Säule.
Wichtig ist, vor dem Anruf einen kurzen Überblick über die Situation zu erlangen, um die folgenden Fragen zu beantworten – Details sind hier noch nicht von großer Bedeutung:
- Wo ist der Unfall passiert?
- Was ist passiert?
- Wie viele Personen sind verletzt?
- Welche Verletzungen gibt es?
Warten Sie außerdem auf Rückfragen und legen Sie nicht vorschnell auf! Möglicherweise verraten Ihnen die Einsatzkräfte am Telefon, was als nächstes zu tun ist.
Andere Autofahrer um Unterstützung bitten
Falls Sie durch Ihre Aktivitäten am Fahrbahnrand nicht sowieso schon genug Aufmerksamkeit geweckt und andere Autofahrer zum Anhalten bewogen haben, sollten Sie das nun tun – im Idealfall schon während des Telefonats. Machen Sie sich durch Winken bemerkbar und zeigen Sie den vorbeifahrenden Autofahrern an, dass Sie Hilfe benötigen. Schließlich schaffen mehrere Hände mehr als zwei!
Erste-Hilfe-Maßnahmen richtig durchführen
Nun gilt es, sich den Verletzten zuzuwenden. Versuchen Sie bei mehreren Unfallopfern herauszufinden, welches von ihnen Ihre Hilfe am dringendsten nötig hat. Verletzte, die nicht mehr ansprechbar sind, sollten als erstes versorgt werden. Folgende lebensrettende Sofortmaßnahmen sollten Sie als Ersthelfer beherrschen:
Herzdruckmassage mit Beatmung
Ist das Unfallopfer nicht mehr ansprechbar und atmet auch nicht mehr, muss sofort mit einer Herzdruckmassage mit Beatmung begonnen werden. Dazu drücken Sie 30 Mal hintereinander auf die Mitte der Brust, etwa mit einer Tiefe von fünf bis sechs Zentimetern. Orientieren Sie sich für den Rhythmus der Massage an dem Beat des Refrains des Songs „Staying alive“ von den Bee Gees. Aus Angst vor weiteren Verletzungen führen viele Ersthelfer die Herzdruckmassage mit zu wenig Druck aus. Merke: Selbst Rippenbrüche kommen bei der Herzdruckmassage vor – und sie sind definitiv verschmerzbar, bewahren sie den Verletzten unter Umständen doch vor dem Tod.
Nach der Massage nehmen Sie zwei Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmungen vor. Neigen Sie dazu den Kopf des Opfers nach hinten, um dessen Atemwege zu öffnen. Halten Sie anschließend die Nase des Betroffenen zu und legen Sie Ihre Lippen dicht auf dessen Mund bzw. halten Sie den Mund zu, um durch die Nase zu beatmen. Blasen Sie nun für etwa eine Sekunde Luft in den Mund (bzw. die Nase) des Betroffenen, bis sich der Brustkorb merklich hebt. Sobald sich der Brustkorb wieder senkt, wiederholen Sie die Beatmung. Anschließend führen Sie wieder 30 Herzdruckmassagen aus, gefolgt von zwei Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmungen. Diesen Vorgang wiederholen Sie so lange, bis der Betroffene zu atmen beginnt – oder die Rettungskräfte eintreffen und übernehmen.
Blutung stillen
Sollte das Unfallopfer atmen, aber stark bluten, muss die Blutung gestoppt werden. Ziehen Sie dazu Einmal-Handschuhe aus dem Verbandskasten an, um sich selbst vor Infektionen zu schützen. Verwenden Sie außerdem nur steriles Verbandsmaterial aus der Packung. Legen Sie nun einen Druckverband an: Nehmen Sie dazu eine Wundauflage und decken Sie damit die Wunde ab. Nun fixieren Sie die Auflage, indem Sie einen Verband mehrmals um das betroffene Körperteil wickeln. Dabei wird der Druck z. B. durch eine noch verpackte Mullbilde erhöht, die mit eingewickelt wird. Anschließend wiederholen Sie den Vorgang mit einer zweiten Wundauflage.
Der Verband muss eng gewickelt werden – läuft die Haut um die Wunde allerdings blau an, sollten Sie den Verband ein wenig lockern. Versuchen Sie, das verletzte Körperteil höher zu lagern, um einen zu starken Blutverlust zu verhindern.
Stabile Seitenlage
Ist das Opfer nicht mehr bei Bewusstsein, atmet aber normal, bringen Sie es in die stabile Seitenlage. Legen Sie das Opfer dazu auf den Rücken ausgestreckt vor sich und knien Sie sich an dessen Seite. Nehmen Sie nun den Ihnen nahen Arm und winkeln Sie ihn so an, als wenn das Opfer jemandem zuwinken wollte. Die Handinnenfläche zeigt dabei nach oben. Nehmen Sie nun den anderen Arm und kreuzen ihn vor der Brust, die Handaußenfläche liegt an der Wange des Opfers an.
Greifen Sie nun den fernen Oberschenkel, ziehen ihn hoch und beugen dabei das Bein. Anschließend drehen Sie den Betroffenen auf die Seite, der Oberschenkel liegt nun im rechten Winkel zur Hüfte auf dem Boden. Achten Sie nun noch darauf, dass der Kopf überstreckt ist, der Mund geöffnet ist und nach unten zeigt. In dieser Position bleiben die Atemwege frei und das Opfer kann sich ohne Gefahr des Erstickens übergeben. Überprüfen Sie erneut, ob der Patient normal atmet.
Übrigens:Auch bewusstlose Motorradfahrer müssen in die stabile Seitenlage gebracht werden. Dazu müssen Sie den Helm des Fahrers abnehmen, da das Opfer sonst an Blut oder Erbrochenem ersticken könnte. Gehen Sie hier behutsam vor, da die Wirbelsäule beschädigt sein könnte und holen Sie sich am besten Unterstützung: Während Sie versuchen, behutsam den Helm zu lösen und zu entfernen, stützt Ihr Helfer die Halswirbelsäule und verhindert so ruckartige Bewegungen.
Moralische Unterstützung
Haben Sie alle Sofortmaßnahmen ergriffen, fahren Sie auf keinen Fall vorschnell davon. Warten Sie auf das Eintreffen der Rettungskräfte und überwachen Sie bis dahin den Zustand der Beteiligten, um im Falle einer Verschlechterung schnell handeln zu können.
Versuchen Sie, den Betroffenen moralisch beizustehen. Ein Unfall hat nicht nur körperliche, sondern auch psychische Auswirkungen. Oft stehen die Opfer unter Schock, zittern oder schwitzen stark, zudem kann die Haut schnell blass werden. Lagern Sie in diesem Fall die Beine der Betroffenen hoch, damit genug Blut in lebenswichtige Organe wie Herz und Gehirn fließt. Halten Sie die Betroffenen außerdem mit Decken warm, da Menschen im Schockzustand schnell auskühlen. Die Info, dass Hilfe auf dem Weg ist, kann bei den Verletzten oftmals Wunder bewirken – versichern Sie ihnen also, dass alles in Ordnung und die Rettung schon unterwegs ist.
Erste Hilfe: Bestens gerüstet!
Mit diesen Tipps und Hinweisen haben Sie nun das Rüstzeug, eine erfolgreiche Erste Hilfe durchzuführen. Sollten Sie immer noch ein klein wenig unsicher sein, bietet der ADAC gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz Auffrischungskurse in Erster Hilfe an. Auch andere Rettungsdienstorganisationen wie der ASB (Arbeiter-Samariter-Bund), der Malteser Hilfsdienst oder Die Johanniter bieten Erste-Hilfe-Kurse an. Denken Sie daran: Sie können fast nichts falsch machen – außer, Sie machen nichts!